„Das alles selbstverständlich zweisprachig“

November 21st, 2022  |  Published in Internet & Blogothek, Interview, Radijo Romani Ora, Radio, Podcast & TV

Redakteurin Tina Nardai (Foto: Josef Schmidt)„Romani Ora“-Redakteurin Tina Nardai im dROMa-Gespräch


Im Juli begann ein vierköpfiges Roma-Re­dak­tions­team in Oberwart mit der Aus­strah­lung der „Romani Ora“, einem ein­stün­di­gen Radio­jour­nal mit The­men der Volks­grup­pe der Roma. Auf­ge­zeich­net wer­den die zwei­spra­chi­gen Sen­dun­gen im Studio des Ver­eins Roma-Service – und das seit eini­gen Tagen nun so­gar täg­lich. Wir haben mit der Re­dak­teu­rin und Mo­de­ra­to­rin Tina Nardai über das Radio­pro­jekt ge­spro­chen.

dROMa: Für die, die „Romani Ora“ noch nicht kennen – kannst du kurz erklä­ren, was in den Sen­dun­gen zu hören ist?

Tina Nardai: In unserer Sendung haben wir mit Abstand die meiste Roma-Musik, die man im Radio zu hören be­kommt. Ab­gesehen davon, sind wir auch mit Themen­schwer­punkten voll­gepackt. Wir senden fünf­mal die Woche einen Tages­beitrag; dieser ist vor­rangig einem roma­spezifi­schen Ereignis ge­widmet. Aktualität ist uns natür­lich auch sehr wichtig. Am Puls der Zeit zu recherchieren und zu senden, ist ein funda­men­taler Baustein moderner Medien­arbeit.

In unserer Rubrik „Mri historija“ nehmen wir die Zuhö­rerin­nen und Zuhörer mit in die Geschichte und Er­zählun­gen von und über Romnja und Roma. Auf­arbei­tung der Geschichte und unserer kulturel­len Identität war uns von Anfang an ein wichti­ger Part. Ich vera­rbeite gerne alte Ton­aufnahmen von Zeit­zeugen und hauche ihnen in der „Romani Ora“ quasi neues Leben ein. Aber auch geschicht­liche Brocken, wie z.B der Genozid oder ver­schwun­dene Roma-Sied­lungen aus dem Burgenland, werden darin recher­chiert und aus­gestrahlt.

„Young wild and free“

In „Mindenfelitiko“ (wie es das Wort nicht besser aus­drücken könnte) be­schäftigen wir uns mit „Allerlei“, das die Hö­rerinnen und Hörer in­teressie­ren könnte: Ver­anstal­tungs­hinweise recht­zeitig zum Wochen­ende, Kinotipps und Buch­neuheiten, aber auch Koch­rezepte und praktische Alltags­tipps. Und mehrmals die Woche gibt es auch das Jugend­format „Young wild and free“. Darin befasst sich unser Re­dakteur vor­ranging mit Themen, die in der Jugendszene „hip“ sind – von Musik über Sport bis hin zu gesell­schafts­politi­schen Themen. Und natür­lich gibt es auch täglich die Nach­richten und das Wetter. Das alles selbst­ver­ständ­lich zwei­sprachig.

Deine Moderationen sind sehr professionell, man könnte meinen, du warst vorher zehn Jahre lang bei Ö3. Hattest du denn schon Radio-Er­fahrung? Und auch deine Kol­legen – habt ihr irgend­ein Medien- oder Sprech­training be­kommen?

Danke für die Blumen. Ich habe bereits als Teenager, vor sehr langer Zeit, bei „Antenne 4“ in der Jugend­sendung mit­ge­arbeitet und dort Medien­erfah­rung sammeln können. Und eine Zeit lang war ich auch beim ORF in der Volks­gruppen­abteilung als freie Mit­arbeiterin; das waren nur kurz­zeitige Er­fahrun­gen mit sehr wenig Sende­zeit. Und Adolf Gussak, der bei der Gründung unseres For­mates mit dabei war, ist auch für den ORF tätig. So­wohl für Radio als auch für Fernsehen. Aber ich hatte nie ein Sprech­training! Ich empfinde meine Medien­kom­petenz, ge­paart mit der nötigen Portion Mut einfach als Talent. Auch die techni­schen Ab­wicklun­gen gehen mir sehr leicht von der Hand.

Radio MORA“-Fa­milie

Wie hängt die Sendung mit „Radio MORA“ (Mehrsprachiges offenes Radio) zu­sammen?

Wir sind „Radio MORA“. Die Roma-Redaktion ist, unabhängig von ihrem Standort [Anm.: in Oberwart], ein Teil der Radio MORA“-Fa­milie. Natür­lich haben sie uns ein­geschult, mit techni­schem Equip­ment ver­sorgt und stehen uns helfend zur Seite. Die Roma-Re­daktion pro­duziert das ein­stündige Mittags­journal „Romani ORA“ in Zu­sammen­arbeit mit der leiten­den Re­dak­teurin von „MORA“, Lisa Hausmann-Farkas. Wir er­arbeiten und beraten gemein­sam, was, wann, wo, wie gesendet werden soll. Aber im End­effekt obliegt die Ent­scheidung welche roma­spezifischen Themen wir auf­greifen, der Roma-Redaktion. Das ist das Schöne am freien Radio. Denn wenn ich es für wichtig und toll halte, beim Spazieren­gehen am Floh­markt den Romnja und Roma das Mikro unter die Nase zu halten, tue ich es. Und daraus ent­stehen spontane, un­ge­zwungene und so was von „echte“ Beiträge!

Wo nehmt ihr die Sendungen auf?

Momentan sind wir einquartiert im ehemaligem „Tschibtscha“-Studio des Vereins Roma-Service in Ober­wart. „Radio MORA“ hat dort ein Sende­studio instal­liert, das technisch auf dem neues­ten Stand ist. Rein theo­retisch kann ich die Sen­dung aber auch auf meinem PC zu Hause pro­du­zieren, da wir derzeit ja Stream-Radio be­treiben und nicht über eine offi­zielle Funk­frequenz senden.

Die Sendung heißt kurz und treffend „Romani Ora“. Wie seid ihr auf den Namen ge­kommen?

Die Idee dazu hatten wir eigentlich alle zugleich. Alex Gussak, Adolf Gussak und ich. Man hat uns bereits am An­fang gebeten, Ideen für Titel­be­nen­nungen zu sammeln. Und da kam von jedem der Vor­schlag der „Roma-Stunde“ – also: „Romani Ora“.

Wir expandieren

Wie ist das Team der Roma-Redaktion zusammen­ge­kommen?

Anfangs war noch nicht wirklich klar, wie umfangreich unsere Sendung werden soll. Adolf Gussak und ich waren schon bei den ersten Sitzun­gen als mögli­che Mit­arbeiter dabei. Wir haben dann schnell fest­gestellt, dass eine Redaktion aus zwei Mit­arbei­ter/in­nen nicht wirk­lich funktio­nieren kann. Also holte man auch noch Alex Gussak hinzu. Und Adi Gussak für die Jugend­redaktion.

Seit November sendet ihr sogar täglich, von Mon­tag bis Frei­tag von 11 bis 12 Uhr …

Ja, die „Romani Ora“ expandiert. Wir streben an, auf Dauer täglich eine Stunde zu senden. Damit wir das wirk­lich gut können wird auch die Roma-Re­daktion auf­gestockt. Freie Mit­arbeiter beliefern uns mit Bei­trägen oder gestalten die Nachrich­ten. Und weil wir ein freies, un­konven­tio­nelles Radio sind, das auf das Engage­ment und die diver­sesten Ideen an­ge­wiesen ist, kann man sich auch gerne zur ak­tiven Mitarbeit bei uns bewerben. Romnja und Roma, die medien­versiert sind und gewisse techni­sche Grund­vor­aussetzun­gen besitzen, können sich gerne bei uns melden. Zwei­sprachigkeit ist natür­lich ein enor­mer Pluspunkt.

Das Interview führte Roman Urbaner.

Die Sendungen werden im Raum Oberpullendorf auf 98,8 UKW mon­tags bis frei­tags um 11 Uhr aus­ge­strahlt. Außer­halb des Sende­ge­biets als Live-Stream auf: ► www.radioop.at. Im Anschluss sind die Sen­dun­gen online ab­ruf­bar auf: ► roma-service.at/dromablog

Lesen Sie zu den Hintergründen und Zukunfts­visionen des burgen­län­di­schen Radio­projekts auch das Interview mit Emme­rich Gärtner-Hor­vath vom Verein Roma-Ser­vice in der neuen Aus­gabe unse­res Magazins dROMa: „Die Stunde der Roma. Roma­ni Ora – neues Roma-Radio aus Oberwart“ („I ora le Romen­dar. Roma­ni Ora – nevo Ro­men­gero-radijo Erbatar“). Mehr hier.

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