Düsseldorf: Ausgrenzung und Faszination

August 22nd, 2024  |  Published in Geschichte & Gedenken, Literatur & Bücher, Wissenschaft

Buchcover "Ausgrenzung und Faszination"Bastian Fleermann: Ausgrenzung und Faszination. Sinti und Roma in Düsseldorf und im nördlichen Rheinland vom Spätmittelalter bis zum Ersten Weltkrieg, C. W. Leske Verlag: Düsseldorf 2024 (216 Seiten).

Faszination, Koexistenz und Ausgrenzung: Nicht immer, aber sehr oft trafen die Sinti und die Roma auf Argwohn und Ver­achtung. Erst­mals spürt eine Über­blicks­studie dieser Minderheit und dem Umgang mit ihr in einem um­grenzten Raum über mehrere Jahr­hun­derte hinweg nach – und kommt zu er­staun­lichen Er­geb­nissen.

Schon in der Mitte des 15. Jahrhunderts gewährte ein Schutzbrief einer Roma-Grup­pe in Düsseldorf und im Herzog­tum Berg freies Geleit. Seit dieser Zeit lebten Roma, Sinti und andere Völker, von der Mehr­heits­gesell­schaft zu­nächst als »Czygeiner« be­zeich­net, im nördli­chen Rheinland. Die hier erstmals zu­sam­men­getra­genen Quellen belegen neben An­fein­dun­gen und Aus­grenzun­gen auch Phasen friedlicher Ko­existenz und Zusammen­arbeit. Sie zeichnen das Bild einer viel­fältigen Minder­heit, die sehr ge­schickte Über­lebens- und An­passungs­strategien ent­wickelte, um staat­licher Re­pression zu ent­gehen und sich in der Region zu be­haup­ten. Und sie lassen eine Alltags­ebene sichtbar werden, die nur schein­bar mit den parallel ent­stande­nen populä­ren »Zigeu­ner«-Bil­dern kor­respon­diert: Der Kitsch in der Kunst oder auf der Bühne, auf Foto­postkarten oder in Schauer­geschich­ten hatte mit der Lebens­realität von Sinti oder Roma so gut wie nichts zu tun. Die sich perma­nent wan­delnden Lebens­bedingungen der Musiker oder Hausiererin­nen, Handwerker, Artisten oder Pferde­händler stehen den bis heute trügen­den Pro­jektions­wün­schen der ent­stehen­den bürger­lichen Gesell­schaft ent­gegen. Die wahre Geschichte findet sich in diesem Band.

Bastian Fleermann, Jahrgang 1978, ist Historiker und Volks­kundler. Seit 2007 arbeitet er bei der Mahn- und Gedenk­stätte für die Opfer des National­sozia­lis­mus in Düssel­dorf, seit 2011 leitet er das Institut. In zahl­reichen Ver­öffent­lichun­gen widmete er sich als He­raus­geber und Autor der deutsch-jü­dischen Geschichte und der Zeit des National­­sozialis­mus. Zuletzt er­schienen u. a. die großen Studien Die ­Kom­missare. ­Kriminal­polizei in Düsseldorf und im rhei­nisch-west­fä­li­schen Industrie­gebiet 1920–1950 (2018) und Ulmer Höh’. Das Gefängnis Düssel­dorf-De­ren­dorf im Natio­nal­sozia­lismus (2021).

(Text: Verlagsinfo C. W. Leske)

Siehe auch:
Rheinische Post, 21.8.2024: Die Geschichte einer verdrängten Minderheit

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