Fico-Attentäter verfasste Anti-Roma-Traktat

Mai 24th, 2024  |  Published in Politik, Rassismus & Menschenrechte

Premier Robert Fico in Brüssel, Archivfoto (Bild: Enzo Zucchi/Europarat, CC BY-NC-ND 2.0 Deed)Der Attentäter, der den slowakischen Re­gie­rungs­chef Fico mit meh­re­ren Schüssen lebens­ge­fähr­lich ver­letzte, ist Ver­fasser eines roma­feind­li­chen Buches und iden­ti­fi­zier­te sich mit ras­sis­ti­schen Mördern.

Vergangene Woche wurde der slowakische Mi­nis­ter­präsident Robert Fico in der Stadt Handlová an­ge­schossen. Der mut­maß­liche Attentä­ter wurde noch am Tatort über­wältigt und fest­ge­nommen. Bei dem An­greifer handelt es sich Medien­be­richten zu­folge um den Schrift­steller Juraj C. aus der Klein­stadt Levice. Der 71-Jäh­rige hat meh­rere Bücher ver­öffent­licht und ist Gründer eines Literatur­clubs in Levice. 2016 ar­beitete er für einen privaten Sicher­heits­dienst.

Während sich die Regierung beeilte, das Attentat als Gewalttat aus den Reihen der linken und liberalen Oppo­sition zu framen, wurden C.s kontro­verse Ansichten über Roma publik. Der Menschen­rechts­aktivist Miroslav Brož hatte das Nach­richten­portal Romea.cz auf die roma­feind­lichen Texte C.s auf­merksam gemacht. Die rassisti­schen Aussagen des Ver­dächtigten führten zu Em­pörung in der Öffent­lich­keit. Auch der slowa­kische Roma-Politiker und Europa­ab­ge­ordnete Peter Pollák wies auf den Rassismus des mut­maß­lichen Attentä­ters hin: „Der Angreifer, der R. Fico erschoss, war auch ein Rassist! Er äußerte sich auch rassistisch über die Roma“, schrieb Pollák.

Rassistisches Traktat „Efata“ (2015)

Ein besonderes Augenmerk liegt nun auf C.s Buch „Efata: über Zigeuner und Roma“ [Efata: o cigánoch a Rómoch] von 2015, das rassis­tische Aussagen über Roma enthält: „Noch nie gab es in Europa so viele schamlose Zi­geuner wie heute. Aber sie sehen die Sozial­systeme und wissen nur zu gut, wie man sie aus­nützt. Der Staat löst das Problem nicht, er kratzt nur ein weng an den Ecken. Hundert­tausend slowaki­sche Zigeuner wollen die Gunst der Weißen, aber davon werden sie uns nichts sagen … Seien wir streng und fair mit ihnen …“, heißt es in dem Buch.

C.s Buchpublikation zeigt auch seine Bewunde­rung für Mörder wie Ľubomír H. und Milan J., die für ihre Gewalt­ver­brechen an Roma bekannt sind. H. ermor­dete im August 2010 in einem Außen­bezirk Bratislavas sieben Men­schen, darunter mehrere Mit­glieder einer Familie, die teilweise der Roma-Minderheit angehörte; während J. im Juni 2012 drei Mit­glieder einer Roma-Fa­milie in Hurbanov erschoss, drei weitere wurden verletzt. In „Efata“ zeigt C. Sym­pathie für diese Täter und sieht sie als Märtyrer, die auf Miss­stände auf­merksam machen wollten. Die Jour­na­listin Zuzana Kumanová schreibt auf Romea.cz: Der Atten­täter „iden­tifi­zierte sich mit den Massen­mördern der Roma“, etwa wenn er über das Ver­brechen in Bratislava 2010 sagt, dass der Mörder „die Last, mit nicht ‚an­pas­sungs­fähigen‘ Roma-Nach­barn zu­sammen­zu­leben, nicht länger ertragen“ hätte, weil „der Staat sich nicht darum ge­kümmert“ habe. Er sieht den Täter „als Märtyrer, der sich selbst ge­opfert hat, um auf das Problem auf­merksam zu machen. [...] Das Buch zeigt deutlich die Be­wunde­rung seines Autors für Personen, die zu radikalen Lö­sungen greifen.“

Auch das slowakische Magazin „Refresher News“ hat sich C.s Buch genauer an­gesehen: Er stimmt darin auch Kotlebas Vor­stellun­gen über die Streichung von Sozial­leistungen für Roma zu. In seinem Pro­gramm schrieb Kotleba über ‚Zigeunervpara­siten‘ und be­hauptete, dass ‚wir Schmarotzern, die sich weigern zu arbeiten, nichts geben werden‘. C. zitierte das Programm und schrieb, dass er damit voll und ganz ein­ver­standen sei.“

Verbindung zu Paramilitärs

Die Verbreitung eines Fotos von C.s Personalausweis in den sozialen Medien, geteilt von dem extre­misti­schen Aktivisten Daniel Bombic, unter­streicht die Ver­bindungen des Täters zu rechts­extremen Kreisen. So dürfte der Verdächtige auch enge Kontakte zu den pro­russischen Para­militärs von Slovenskí Branci (SB) unter­halten haben (die übrigens 2020 in Wien den Ordner­dienst für einen Aufmarsch über­nahmen).

Die Hintergründe des Attentats gegen Fico werden nun unter­sucht. Im Zusammen­hang mit C.s extremis­tischen Ansichten dürften ins­beson­dere auch dessen roma­feind­liche Äußerun­gen eine zentrale Rolle spielen. Romea.cz schreibt hierzu: „Die versuch­te Ermordung Robert Ficos und die damit ver­bundenen Ent­hüllun­gen über die rassistische Gesinnung des Täters werfen ein Schlaglicht auf tief ver­wurzelte gesell­schaft­liche Probleme in der Slowakei. Die Tat selbst und die Re­aktionen darauf zeigen, wie stark das Thema Rassismus und die Be­handlung der Roma-Min­derheit in der slowakischen Gesell­schaft polarisiert. Die Ermittlungen werden nun zeigen müssen, in­wie­weit C.s rassistische An­sichten eine Rolle bei der Planung und Durch­führung des Attentats gespielt haben.“

(dROMa)

Siehe auch:
„They must be removed“. Die Manifeste der Rechtsterroristen, 21.3.2019

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