Slowakei: „Entscheidende Chance verpasst“

Mai 10th, 2023  |  Published in Jugend & Bildung, Politik, Rassismus & Menschenrechte, Recht & Gericht

Romaschüler (Foto: Amnesty International)Amnesty International: Versäumnis, gegen Roma-Dis­kri­minie­rung vor­zu­gehen, bringt die Slowakei „auf Kol­li­sions­kurs mit dem Eu­ro­päi­schen Ge­richts­hof“

Als Reaktion auf das Versäumnis des slowakischen Parlaments, eine Änderung des Schul­gesetzes zu ver­ab­schieden, die Maß­nahmen zur Be­kämpfung der Dis­kri­minie­rung von Roma-Kindern vor­sieht, sagte Rado Sloboda, Direk­tor von Am­nesty Inter­natio­nal Slowakei:

Das slowakische Parlament hat heute eine entscheidende Chance ver­passt, Maß­nahmen zu ver­­ab­­schieden, die die un­gesetz­liche Segre­gation von Roma-Kindern im Bildungs­wesen be­enden. Indem die Slowakei nicht für einen Än­derungs­antrag ge­stimmt hat, der darauf abzielt, sys­temati­sche Dis­kri­minie­rung im Bildungs­wesen zu ver­hindern, hat sie die Hoff­nung auf einen gleich­be­rechtig­ten Zugang zu Bildung für Roma-Kin­der zu­nichte ge­macht und sich auf Kolli­sions­kurs mit dem Euro­päischen Gerichts­hof be­geben.

Trotz positiver Maßnahmen in dem geänderten Gesetz, wie der Bereit­stellung einiger Unter­stützungs­maß­nahmen und des Rechts­anspruchs auf einen Kinder­garten­platz, bleibt die heutige Novelle weit hinter dem zu­rück, was not­wendig ist, um die Ver­pflichtun­gen des Staates zum Schutz der Rechte von Roma-Kindern zu erfüllen. Ohne konkrete Maß­nahmen zur Auf­hebung der Segre­gation werden diese Änderun­gen nicht aus­reichen, um dis­kriminie­rende Prak­tiken zu bekämpfen, so dass Roma-Kinder in der Slowakei weiter­hin zur Segre­ga­tion im Bildungs­wesen ver­urteilt sind.

Letzten Monat hat die Europäische Kommission die Slowakei vor dem Europäi­schen Gerichts­hof ver­klagt, weil sie gegen die EU-Vor­schriften zur Gleich­behand­lung ohne Unter­schied der Rasse ver­stoßen hat und ins­beson­dere die Dis­kriminie­rung von Roma-Kindern im Bildungs­wesen nicht an­ge­messen an­gegangen ist. Die Slowakei muss dringend Maß­nahmen er­greifen, um die Segre­gation in ihrem Bildungs­system aufzuheben und das EU-Recht ein­zu­halten.

Hinter­grund

Roma-Kindern wird in der Slowakei systematisch ihr Recht auf Bildung und Nicht­diskri­minie­rung im Bildungs­wesen ver­weigert. Sie werden über­wiegend aus­gegrenzt und in reine Roma-Schulen und -Klassen oder in Sonder­schulen und -klassen für Kinder mit „leichten geis­tigen Be­hinderun­gen“ ge­steckt.

In der Slowakei besuchen 65 % der Roma-Schüler im Alter von 6 bis 15 Jahren Schulen, in denen alle oder die meisten Schüler Roma sind, was be­deutet, dass die Slowakei der EU-Mit­glied­staat mit dem höchs­ten Anteil an Roma-Segre­ga­tion im Bildungs­wesen ist.

Im April 2015 leitete die Europäische Kommission ein Vertrags­ver­letzungs­verfah­ren gegen die Slowakei ein, weil sie gegen das in der EU-Richt­linie zur Gleich­behandlung ohne Unter­schied der Rasse ver­ankerte Verbot der Dis­kriminie­rung im Bildungs­wesen ver­stoßen hatte. Im ver­gange­nen Monat be­schloss die Euro­päische Kom­mission, die Slowakei vor dem Gerichtshof der Europäi­schen Union zu ver­klagen (wir be­rich­teten).

(Engl. Original-Text: Amnesty International, 9.5.2023)

Siehe auch:
EU-Kommission: Anklage gegen Slowakei. 24.4.2023
ECRI pisinipe usi Slovakija/Neuer ECRI-Bericht kriti­siert Slo­wa­kei, 21.12.2020
Romakinder benachteiligt: EU-Verfahren gegen Ungarn, 27.5.2016

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