Mutmaßlicher Brandanschlag bei Ulm
April 9th, 2021 | Published in Rassismus & Menschenrechte
In einer Pressemitteilung berichtet der Verband Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Baden-Württemberg von einem Vorfall am 19. März in der Nähe von Ulm. Mehrere Wohnwagen einer Zirkustruppe, die aufgrund der Pandemie in in Weidenstetten gestrandet war, brannten ab. Auch Personen waren in Gefahr, konnten sich aber ins Freie retten. Der Landesverband spricht von einem möglichen antiziganistischen Brandanschlag. Die Polizei ermittelt. Die Aussendung im Originalwortlaut:
Am Morgen des 19. März 2021 wurden in Weidenstetten im Alb-Donau-Kreis unweit von Ulm gegen 5:40 Uhr drei Wohnwagen einer Zirkustruppe, zu der auch Sinti gehören, durch einen Brand zerstört. Zwei junge Männer kamen bei dem Brand beinahe ums Leben. Sie konnten sich noch in letzter Sekunde aus den brennenden Wagen retten und verloren alles, was sie besitzen. Der Wohnwagen eines weiteren Mitglieds des Zirkus ist größtenteils abgebrannt. In der Nähe standen zwei Wohnwagen, die ebenfalls durch die Hitze beschädigt wurden.
Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen und einen Brandmittelspürhund eingesetzt. Ein antiziganistischer Brandanschlag mit dem Ziel der Vertreibung kann nicht ausgeschlossen werden. Betroffene berichteten auch, der Bürgermeister habe dem Zirkus angedroht, dass seine Wagen in Flammen aufgehen könnten, wenn er nicht weiterziehen würde. Der Zirkus musste sich vor 15 Monaten aufgrund der Corona-Pandemie, die Aufführungen unmöglich machte, am Ortsrand von Weidenstetten niederlassen. Zugleich kam es nach dem Brand zu einer Solidarisierung aus der lokalen Bevölkerung. Eine Spendensammlung fand statt, ein Ulmer Hotel stellte eine Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung, neue Wohnwagen wurden gespendet.
Der VDSR-BW steht in Kontakt mit den Betroffenen und hat ihnen bürgerrechtliche Beratung und Rechtsschutz angeboten. Daniel Strauß, Vorstandsvorsitzender des VDSR-BW:
Sollte sich der Verdacht eines antiziganistischen Brandanschlags erhärten, würden Erinnerungen an den Anschlag im Mai 2019 auf eine Roma-Familie in dieser Region geweckt. Die fünf Täter wurden vom Landgericht Ulm im September 2020 wegen Vertreibung bzw. gemeinschaftlicher Nötigung in 45 Fällen verurteilt. [Anm.: mehr hier] Die Staatsanwaltschaft hatte sogar eine Verurteilung wegen versuchten Mordes gefordert.
Der VDSR-BW hat bereits den Beauftragten der Landesregierung gegen Antisemitismus, Dr. Michael Blume, von dem möglichen antivziganistischen Anschlag in Kenntnis gesetzt.
(Text: Aussendung des Landesverbands Baden-Württemberg)