„Hier sind wir alle gleich“

Oktober 30th, 2019  |  Published in Einrichtungen, Jugend & Bildung, Sport

uefaUEFA: Der Fußball bietet den beiden jung­en Roma Nicușor „Beto“ Vasile und Raluca Petre, die in einem be­nach­tei­lig­ten Vier­tel in der ru­mä­ni­schen Haupt­stadt Bu­ka­rest leben, eine neue Zu­kunfts­per­spek­tive.

UEFA, 22.10.2019: Jeden Monat berichtet die UEFA im Rah­men ihrer Kam­­pag­ne #Equal­Game über eine Per­­son aus einem ihrer 55 Mit­glieds­ver­bände. Sie alle sind Bei­spiele da­für, wie der Fuß­ball In­klu­sion, Zu­gang zum Sport und Viel­falt för­dert und dass Be­hin­de­rung, Reli­gion, sexuel­le Orien­tie­rung, ethni­sche Zu­gehörig­keit und soziale Her­kunft kein Hin­dernis sind, Fuß­ball zu spie­len und Spaß daran zu haben.

Zwei junge Roma aus der rumänischen Hauptstadt Bu­ka­rest schau­en zu­ver­sicht­lich nach vorne und nutzen dabei Fuß­ball als Instru­ment für ihre per­sön­liche Ent­wick­lung. Nicușor „Beto“ Vasile (13) und Raluca Petre (14) le­ben in Ferentari, einem be­nach­teilig­ten Viertel in Bukarest. Beto wohnt zu­sam­men mit seiner Mut­ter und drei Brü­dern in einem ein­zi­gen Zimmer, wäh­rend Raluca mit ihren Eltern, drei Brü­dern und zwei Schwes­tern lebt. Ihr Leben hat sich deut­lich ver­bessert, seit­dem sie den loka­len „Alter­na­tive Education Club“ (AEC) be­su­chen – dieses Pro­jekt wird vom Zentrum für Roma und Min­der­heiten durch­geführt. Im Rah­men ver­schie­de­ner Ak­tivitä­ten wie Fußball wird den jun­gen Men­schen ver­mittelt, wieder Hoff­nung und den Glau­ben an einer bes­sere Zu­kunft zu be­kommen.

Beto und seine Familie leben in einem Raum ohne Strom­ver­sor­gung. „Das Leben ist nicht wirk­lich leicht in meinem Viertel. Es ist eigent­lich sogar ziem­lich schwer“, er­klärt Beto, der mit acht Jahren be­gon­nen hat, Fußball zu spie­len. Neben seinen Schul­auf­gaben findet Beto nun Freude und Spaß bei seinem Lieb­lings­sport. Ralucas Vater ar­beitet auf dem Bau und ihre Mutter ist Haus­frau. „Meine Brü­der sind 22 bzw. 15 Jahre alt“, so Raluca. „Und ich habe noch eine 13-jäh­rige Schwester, einen wei­te­ren Bruder, der zehn ist, und mein jüngs­te Schwes­ter, die erst vier Jahre alt ist. Manch­mal passe ich auf meine jün­gere Schwes­ter auf, wenn meine Mutter viel zu tun hat.“ Vor al­lem auf An­raten der Mutter be­sucht Raluca seit rund drei Jahren das AEC und ist seit­her vom Fußball­fieber be­fallen.

Der AEC ist ein wichtiges Instrument, um jungen Men­schen wie Beto und Raluca neue Zukunfts­perspek­ti­ven auf­zu­zeigen. „Der AEC ist für mich einfach per­fekt“, sagt Beto. „Ich kann hier­her kom­men und Fußball spielen. Das finde ich wirk­lich gut. Ich bin üb­rigens Stürmer.“ „Ich habe im AEC ge­lernt, Fußball zu spielen“, erin­nert sich Raluca, die außer­dem einmal pro Woche mit einem Fußball­klub in Bukarest trai­niert. „Ich kom­men sehr gerne in den AEC, weil wir hier spielen und Spaß haben. Danach ma­chen wir unsere Haus­auf­gaben und reden zu­sammen.“

„Der AEC bietet viele interessante Aktivitäten für Kinder“, erklärt Sabina Antoci, Ge­schäfts­führerin des Zentrums für Roma und Min­der­heiten. „Die Kinder ent­decken durch kreative, spor­tliche und künst­leri­sche Workshops ihre Talente so­wie ver­schie­dene all­tägliche und soziale Fähigkeiten. Seit sie an den Ak­tivitä­ten des AEC teil­nehmen, sind sie selbst­bewuss­ter und fühlen sich ge­stärkt. Sie sehen, dass es Perspek­ti­ven jen­seits der Armut, in der sie leben, gibt. Wir wollen dieses Modell auf so viele be­nach­tei­lig­te Gegen­den in Rumänien wie mög­lich aus­weiten und Kindern, die sonst kei­nen Zugang zu Bildung haben, helfen, eine qua­li­tativ hoch­wer­tige Aus­bildung zu er­halten.“

Die Roma machen rund 3 % der rumänischen Bevölkerung aus. Mit 600.000 Per­sonen ge­hören sie zur größten Min­der­heiten­gruppe des Landes [Anm. d. dROMa-Red.: Die tat­säch­liche Zahl liegt weit über den of­fi­ziellen Volks­zäh­lungs­daten, der Europa­rat zum Bei­spiel geht von 1,85 Mil­lio­nen Roma in Ru­mä­nien aus.] Beide Teenager sind sich ihrer Ro­ma-Wurzeln sehr be­wusst. „Ich fühle mich schlecht, wenn je­mand ne­gativ über Roma spricht“, gibt Beto zu und Raluca pflich­tet ihm bei: „Ich werde immer wütend, denn auch ich ge­höre zu dieser Gruppe. Das Leben in unse­rem Viertel ist viel schwerer als wo­anders. Es ist ein­fach anders.“ Aller­dings sagt sie auch, dass das Leben in wohl­ha­ben­deren Gegen­den nicht un­bedingt ein­facher ist. „Ich glaube nicht, dass Geld un­bedingt ein bes­seres Umfeld schafft“, er­klärt Raluca ka­te­go­risch.

Der AEC spielt eine wichtige gesellschaftliche Rolle, weil er junge Roma und rumä­nische Jugendliche zu­sam­men­bringt und sich darum bemüht, diese zu einen. „Hier sind wir alle gleich“, so Raluca. Es ist egal, ob wir Rumänen oder Roma sind, wir sind alle gleich. Hier dür­fen wir nicht so reden wie in der Schule. So ist es uns zum Bei­spiel nicht er­laubt, uns über die ande­ren lustig zu machen.“

Der Traum vom Fußball ist für Beto und Raluca, die beide be­geis­terte An­hänger von Bar­celo­na-Star Lionel Messi sind, greif­bar. Ihre Erfah­rungen beim AEC er­öffnen ihnen Mög­lich­keiten, die eines Tages viel­leicht dazu führen, sich selbst im Fußball durch­zu­setzen.

„Ich fühle mich richtig gut, wenn ich Fußball spiele, weil mir dieser Sport ge­fällt“, so Raluca. Auch die Idee, zu­sätz­lich als Trainerin aktiv zu sein, hat für Raluca einen gro­ßen Reiz. „Ich will etwas daraus ma­chen“, erklärt sie ent­schie­den. „Durch Fußball bin ich viel selbst­bewuss­ter ge­worden. Er hat mir ge­holfen, daran zu glauben, dass ich wie alle ande­ren sein und etwas er­rei­chen kann. Ich will mir einen berufli­chen Weg bahnen und mir einen Namen im Fußball ma­chen.“ „Wenn ich Fuß­ball spiele, fühlt es sich ein­fach super an. Dann fühle ich mich rich­tig wohl“, so Beto. „Ich spiele immer, außer es regnet. Wenn ich groß bin, will ich Fuß­baller werden. Und ich möchte ein guter und groß­zü­gi­ger Mensch werden.“

Die beiden Jugendlichen verstehen die nachhaltige Kraft des Fußballs, Gutes in der Gesell­schaft zu be­wirken, und sind ein gutes Bei­spiel für die Werte der UEFA-Kam­pagne #EqualGame. „Durch den Fußball habe ich Freunde ge­funden“, sagt Beto. „Ich denke, Fußball ist für alle Men­schen.“ Raluca stimmt ihm aus gan­zem Herzen zu. „Ich glaube, dass Fußball für Mäd­chen und Jun­gen da ist. Ich sehe viele Mädchen aus mei­nem Viertel, die gerne Fußball spielen. Fuß­ball ist für alle Men­schen auf der Welt.“

(Text: UEFA. Wir danken für die freundliche Genehmi­gung.)

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