„Die Farbe ist weg“: Gabi Jiménez in Berlin

März 14th, 2019  |  Published in Kunst & Fotografie, Veranstaltungen & Ausstellungen

Gabi Jiménez, La fin du monde, 2018. 29,7 x 42 cm. Tinte auf Papier/Collage (Foto: Galerie Kai Dikhias)Ausstellung „Schwarz & Weiß“
Eröffnung in Berlin am 14.3.2019
19–21 Uhr, Eintritt frei

Zu sehen bis 28. April 2019 (Mi. bis Sa., 14–18 Uhr u. n. V.) in der Galerie Kai Dikhas / Kunst­raum Dikhas Dur im Auf­bau-Haus am Moritz­platz, Prin­zen­str. 84 I, Auf­gang 2, 10969 Berlin

Der französisch-spanische Künstler Gabi Jiménez ist be­kannt für seine farb­kräfti­gen Ge­mälde, die er in einem eige­nen, der Comic-Zeich­nung ent­lie­he­nen Malstil ent­wirft. Unter sei­nen Arbei­ten sind aber auch viele mono­chro­me Schwarz-Weiß-Ar­beiten, die be­son­ders poin­tiert die Bild­ideen des Künst­lers fest­halten. Die Aus­stel­lung SCHWARZ & WEISS wid­met sich die­sen Wer­ken: Grafiken, Comics, aber auch Ar­bei­ten auf Leinwand. Die Re­duk­tion der Farbe lässt den grafi­schen Einfalls­reich­tum des Künstlers noch deut­li­cher zu Tage tre­ten. So ist sein SCHWARZ & WEISS kei­nes­falls ein­tönig oder gar das Schwarz-Weiß des heu­tigen po­liti­schen Dis­kurses.

Augenzwinkernd meint das SCHWARZ & WEISS des Gabi Jiménez auch das leider oft­mals mit Schwie­rig­keiten und Gewalt ver­bun­dene Auf­einan­der­tref­fen von Roma mit Nicht-Roma, das Auf­einan­der­tref­fen der „Schwar­zen“, der Kalé, mit den „Weißen“, den Gadje. Dem be­geg­net Gabi Jiménez mit den Mit­teln des Dadaismus – wie sein ver­storbe­ner Bruder in der Kunst, Damian Le Bas, dem wir diese Aus­stellung wid­men. Der Gypsy DaDa war ein neuer Be­griff, den die bei­den Künstler wäh­rend ihrer denk­würdi­gen gemein­sa­men Aus­stel­lung Gypsyland in der Galerie Kai Dikhas im Ja­nuar 2012 präg­ten und auch direkt in einem gro­ßen gemein­samen Werk mani­fes­tier­ten. Es ist ein bissiger und eben auch ent­waffnen­der Humor, der dem Ernst von Unter­drückung und Rassismus ent­ge­gen­tritt.

Wir treffen in dieser Ausstellung auf ein Marken­zeichen von Gabi Jiménez, klei­ne symbol­hafte Caravans, die sich durch die Bilder, im Bild „Viva Parisse“ um den Eiffel-Turm und bei den „Schwar­zen Caravans“ durch Sta­chel­draht hin­durch, win­den. Und wir begeg­nen grimmi­gen Igeln. Diesen stachel­bewehrten, aber doch eigent­lich fried­lieben­den Säuge­tieren, die oft­mals in der Roma-Tra­dition mit „Niglos“ asso­ziiert werden. Bei Jimé­nez wer­den sie zu Ikonen einer Ro­ma-Résis­tance, die sich einem Stru­del aus Stachel­drähten, aus Gewalt, einem Fin du Monde, einem Ende der Welt, wie wir sie ken­nen, zu er­wehren wis­sen. Jiménez erin­nert auch an Federico García Lorca und seine Ermor­dung durch Falangis­ten 1936. Lorca, der spanische Dichter, der den andalu­si­schen Gitanos wie kein an­derer ver­bunden war, be­trachtet in einem Gedicht des Künst­lers, wel­ches in einem die Aus­stellung be­gleiten­den Buch ver­öffent­licht ist, im Mo­ment seines Todes Ameisen, die sich als Motiv durch die Aus­stellung zie­hen. Er lässt den sterben­den Lorca in dieser surrealen Be­trach­tung denken: „Die Gitanos sind unsterblich. Die Gitanos sind wie meine Brüder. Ich weiß – ich bin über­zeugt – dass die Gitanos im­mate­riell sind. Daher kommt der Flamenco! Es ist gut, Gitano zu sein! Es ist gut im­mate­riell zu sein! Die Gitanos ster­ben nie, weil sie über den Schrecken ste­hen!“

Gabi Jiménez ist einer der zentralen Künstler*in­nen der Minder­heit, die der inter­na­tio­na­len künst­le­ri­schen Be­we­gung seit dem ers­ten Pavillon der Sinti und Roma in Venedig im Jahr 2007 „Paradise Lost“, der auch Ji­mé­nez’ Arbeit prä­sen­tier­te, zu Er­folg ver­hel­fen.

Moritz Pankok, Kai Dikhas

La couleur est partie. Elle s’en est allée, ex­pulsée. Loin, elle par­court d’autres com­posi­tions, se mê­lant aux formes, aux traits, s’arrêtant là où on veut bien l’ac­cueillir, là où elle peut sta­tion­ner. Pour­tant on l’aime bien la cou­leur. Quand elle arrive avec ses touches colo­rées, en dan­sant, quand elle vient en musique, les che­veux dans le vent, on la veut. Mais quand la couleur sur­git de nulle part, quand elle s’arrête ici ou là, quand elle s’installe près de com­posi­tions séden­taires bien ancrées, alors là, plus rien ne va.

Die Farbe ist weg. Sie ging weg, man hat sie vertrie­ben. Weit weg reist sie durch ande­re Kom­posi­tio­nen, mischt sich mit Formen, Merk­malen, bleibt stehen, wo wir sie will­kom­men heißen wollen, wo sie sich nie­der­lassen kann. Den­noch lieben wir die Farbe. Wenn sie mit ihren bun­ten Berüh­run­gen, ihrem Tanz, wenn sie zur Musik kommt, mit ihren Haaren im Wind, wollen wir sie. Aber wenn die Farbe aus dem Nichts auf­taucht, wenn sie hier oder da inne­hält, wenn sie sich in der Nähe etab­lier­ter sess­hafter Kom­positio­nen ein­rich­tet, dann läuft nichts mehr richtig.

Gabi Jiménez

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