Racial Profiling & erweiterte DNA-Analysen

März 27th, 2018  |  Published in Politik, Rassismus & Menschenrechte, Recht & Gericht, Veranstaltungen & Ausstellungen

Minderheiten unter Verdacht: Radial Profiling und erweiterte DNA-Analysen (Foto CC, Pixabay via Wikimedia)Racial Profiling und erweiterte DNA-Analysen in kriminalpolizei­li­chen Ermitt­lun­gen: Gemein­same Fach­ver­anstal­tung von Zentral­rat und Amadeu Antonio Stiftung

27.03.2018, 11:00 bis 16:30 Uhr
DokuZ Sinti und Roma Berlin
Prinzenstraße 84.2 – 10969 Berlin

Seit November 2016 haben Ermittler, Politiker und Journalisten die For­de­rung er­ho­ben, die An­wen­dung erwei­ter­ter forensi­scher DNA-Analy­sen in Deutschland ge­setz­lich zu­zu­lassen. Es geht dabei ins­beson­dere um die Bestim­mung der Haut-, Haar- und Augen­farbe (was unter dem Be­griff DNA-phe­no­typing zu­sam­men­gefasst wird) sowie der so­genann­ten „bio­geo­gra­fi­schen Her­kunft“.

Aus Sicht von Wissenschaftler und Minderheiten-Ver­tre­tern sind er­wei­ter­te DNA-Analy­sen in der Forensik äu­ßerst proble­ma­tisch, da sich ein sol­ches Ver­fah­ren vor allen Din­gen gegen Min­der­heiten rich­tet. Schon 2016 for­mierte sich ein brei­tes aka­de­mi­sches Bünd­nis und übte Kritik an der bevor­ste­hen­den Gesetz­gebung, da zahl­reiche Fragen zu den wis­sen­schaft­li­chen Grund­lagen, der Praxis­anwen­dung oder den weit­rei­chen­den gesell­schaft­li­chen Folgen nach wie vor un­geklärt wa­ren und sind. Den­noch wur­den diese Tech­no­lo­gien in vielen Medien, in der Politik und von Sei­ten der Er­mitt­lungs­behör­den ein­sei­tig als positiv dar­ge­stellt.

Bislang kam es in Deutschland offiziell nur in einem Fall zu einer er­wei­ter­ten bio­geo­graphi­schen Her­kunfts­analyse mit­tels DNA, und zwar im Fall der von dem so­genann­ten „Natio­nal­sozia­lis­ti­schen Unter­grund“ (NSU) er­mor­de­ten Polizis­tin Michelle Kiesewetter. Die­se erste An­wen­dung einer bio­geogra­phi­schen Her­kunfts­analy­se rich­tete sich aus­schließ­lich ge­gen An­ge­hö­rige der Min­der­heit der Sinti und Roma. Der Fall wur­de als das „Heilbronn-Phan­tom“ (mehr hier/pdf) be­kannt und ein über Amts­hilfe in Österreich er­stell­tes Gut­achten führ­te dazu, dass Sinti und Roma mas­siv in den Fokus der Polizei ge­rie­ten. Die Er­mittlungs­akten dokumentieren eindeutig den antiziganistischen Charakter der polizeilichen Ermitt­lungen, der sich dann in der Medien­be­richt­er­stat­tung wider­spie­gelte.

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma be­schäftigt sich seit eini­ger Zeit inten­siv und kritisch mit dem kriminal­polizei­li­chen Er­mitt­lungs­an­satz der er­weiter­ten DNA-Analy­se, wel­cher mit einem ent­spre­chen­den Gesetzes­entwurf 2017 (Bundes­rats­initia­ti­ve aus Baden-Württem­berg) in den Bundes­rat ein­ge­bracht wur­de und nun im Bundestag ver­ab­schie­det wer­den soll. So­wohl die CDU/CSU als auch die AfD hat­ten die Zu­las­sung er­weiter­ter DNA-Analysen in ihrem Bun­des­tags-Wahl­pro­gramm 2017. Auch im Rah­men der Re­gierungs­son­die­run­gen mit der SPD ist das Gesetz ein Eck­punkt.

Im Sinne des Diskriminierungs- und Minderheiten­schutzes ist es not­wen­dig sich kri­tisch mit diesem Thema ausei­nan­der­zu­set­zen. Nicht nur Sinti und Roma son­dern auch an­dere Min­der­hei­ten und gesell­schaft­li­che Gruppen sind davon be­trof­fen. Sie wer­den da­durch pauschal kri­mina­li­siert und massiv ver­däch­tigt. Denn die De­batte um die Zulas­sung erwei­terter DNA-Ana­ly­sen knüpft un­mittel­bar an rassis­ti­sche Diskurse an, durch die spä­tes­tens seit dem 11. Sep­tem­ber 2001 nicht-mehr­heits­deutsche Per­so­nen al­lein auf­grund ihrer tat­säch­li­chen oder zu­geschrie­be­nen Herkunft kri­mi­na­li­siert und wei­tere stig­ma­ti­siert werden. Die Folgen sind Dis­krimi­nie­rung und gesell­schaft­li­che Aus­gren­zung.

Gemeinsam wollen wir daher diese Debatten kritisch be­gle­iten, sie um dif­feren­zierte wis­sen­schaft­liche Positio­nen und Fra­gen er­wei­tern, um eine brei­te öf­fent­li­che Dis­kus­sion zum The­ma erweiterte DNA-Analysen an­zu­st­oßen.

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(Text: Zentralrat)

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