Schwedische Polizei führt Roma-Kartei
September 24th, 2013 | Published in Rassismus & Menschenrechte
Die Tageszeitung „Dagens Nyheter“ berichtete am Montag, dass die schwedische Polizei in der Region Skåne eine Datenbank angelegt hat, in der Informationen über 4.029 Roma gespeichert seien (hier die Meldung in SpiegelOnline). Tausende der Einträge betreffen offenbar unbescholtene Personen, die weder einer Straftat verdächtig noch vorbestraft sind. In der Roma-Datenbank seien, so „Dagens Nyheter“, auch Informationen von mehr als Tausend Minderjährigen verzeichnet. Die Roma-Kartei dürfte bereits 2005 angelegt worden sein. Nach neuen Recherchen besteht sogar noch ein zweiter Roma-Datensatz mit 997 Personen aus anderen Regionen (darunter 106 Kinder unter zehn Jahren; sogar Zweijährige wurden erfasst). Die Datenbank enthalte keine Verbrechensdaten, sondern verzeichne Familienverbindungen. Eine ehemalige Polizistin aus Malmö berichtet, dass die Polizei schon in den 1990er Jahren eigene Fotokarteien von Roma mit dem Vermerk „Z“ oder „Zigeuner“ geführt habe.
Die schwedische EU-Ministerin Brigitta Ohlsson bezeichnete die polizeiliche Erfassung von Minderheitenangehörigen in einer spontanen Stellungnahme via Twitter (hier, hier und hier) als „beängstigend, unethisch, inakzeptabel und illegal“: „Wenn wir in der Lage sind, für Menschenrechte in Europa einzustehen, müssen wir auch zu Hause aufräumen“, so die Ministerin. Die Erfassung von Vorratsdaten über eine ethnische Gruppe sei „abscheulich“.
Laut einer ersten Stellungnahme der Polizei würden solche Datenbanken im Rahmen spezieller Ermittlungen zeitlich begrenzt eingerichtet und zur Verbrechensaufklärung und -vorbeugung genützt. Der Polizeisprecher gestand ein, dass darin auch Personen enthalten sein können, die nicht verdächtigt werden
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. Die Einrichtung der Roma-Datei werde nun auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft. Die Kriminalpolizei in Skåne bestritt zunächst, dass in dem Register auch die ethnische Zugehörigkeit angeführt werde. Der schwedische Polizeichef Bengt Svensson hingegen fand deutliche Worte und bezeichnete eine Roma-Kartei, wie sie von der Tageszeitung beschrieben wurde, als „völlig inakzeptabel“.
Wie in vielen Staaten hat die ethnische Registrierung von Roma auch in Schweden eine lange Tradition. Wie der Historiker Martin Ericsson ausführt, begann die schwedische Polizei bereits im Jahr 1922, Roma und Fahrende systematisch zu erfassen. 1935 schuf die Kriminalpolizei in Malmö für die Region Skåne ein umfassendes Verzeichnis von über 1.600 Personen und ihren Familienbeziehungen. Wie ist es möglich, fragt der Historiker, dass die aktuelle Datenbank auch Einträge über Personen enthält, die bereits in den historischen Karteien verzeichnet waren?
(Text: Roman Urbaner/dROMa – Quellen: Spiegel.de; NYTimes; dn.se; dn.se; dn.se; Aftonbladet)