Wie bunte Käfer
November 16th, 2024 | Published in Einrichtungen, Medien & Presse, Wissenschaft, dROMa (Magazin)
Die wissenschaftlichen Journale der „Romani Studies“
Was es an Fachzeitschriften über Roma alles so gibt und gab, lässt sich gar nicht so leicht überblicken. Wir haben es trotzdem versucht und die wichtigsten Titel für Sie zusammengetragen. Eine Übersicht – vom alten Flaggschiff aus dem 19. Jahrhundert bis zu den jüngsten Neugründungen.
Die „Romani Studies“ sind ein bescheidenes Biotop in den Nischen zwischen den großen Disziplinen, zwischen Ethnologie, Linguistik, Geschichte. Für das Publikationswesen bedeutet dies, dass sich die wenigen spezialisierten Zeitschriften gegen die Konkurrenz der anderen Fächer behaupten müssen. Zudem macht der Roma-Forschung die Erblast ihrer rassistischen Geschichte zu schaffen. Ein Konflikt, der bis heute virulent ist, wie etwa die Polemik um die „Gypsy Lore Society“ beweist.
Britischer Platzhirsch
An dieser kam, seit ihrer Gründung 1888, niemand vorbei, der sich wissenschaftlich für Roma interessierte. Hier war versammelt, was in der „Zigeunerforschung“ Rang und Namen hatte. Die Gelehrten und Hobbyforscher stürzten sich auf die Volksgruppe wie Insektensammler auf exotisch schillernde Käfer. Allem „Reinblütigen“, „Unverfälschten“ jagten sie hinterher, immer dem „echten Zigeunertum“ auf der Spur. Diese Haltung, in der romantische Begeisterung und rassistische Prämissen verschmolzen, blickt einem auch aus den alten Jahrgängen des Vereinsorgans, des Journal of the Gypsy Lore Society (JGLS), entgegen. Spätere Kritiker prägten dafür einen eigenen, wenig schmeichelhaften Begriff: „Gypsylorism“.
Nichtsdestotrotz legte das Journal „den Grundstein für das interdisziplinäre Forschungsgebiet, das heute als Romani/Gypsy Studies bekannt ist“, betont der Romani-Linguist Yaron Matras, der die Redaktion 1999 bis 2017 leitete. Ihm ist es zu verdanken, dass aus dem verstaubten Periodikum ein modernes akademisches Journal von Weltrang wurde. Doch diesen Richtungsschwenk – und die Namensänderung in Romani Studies – konnte die neue Redaktion 1999 nur mit Mühe durchsetzen. Eine Resolution des Vorstands, in der sich die Gesellschaft erstmals kritisch mit ihren Ursprüngen auseinandersetzte, kam überhaupt erst 2016 zustande, und am traditionellen Namen „Gypsy Lore Society“ hält die alte Garde sogar heute noch fest, aller Kritik zum Trotz. Bei den Romani Studies ist allerdings derzeit ein Umbruch zu erkennen. Read the rest of this entry »