Regensburg: „Schande für die Kirchen“
August 10th, 2016 | Published in Rassismus & Menschenrechte, Religion
Pressemitteilung der GfbV:
Schutzsuchende Roma-Flüchtlinge verhaftet: Kirchliche Obhut war „böse Falle“
Im Pfarrhaus St. Emmeran in Regensburg hatten zwoschenzeitlich bis zu 45 Roma Schutz vor drohender Abschiebung Zuflucht gesucht, zuletzt waren es noch 16 gewesen. Nahrungsmittelspenden an sie wurden verhindert. Am Montag wurde das Pfarrhaus polizeilich geräumt.
Als eine „Schande für beide Kirchen“ hat Tilman Zülch, Präsident der Gesellschaft für bedrohte Völker – International (GfbV), die polizeiliche Räumung des katholischen Regensburger Pfarrhauses St. Emmeram am gestrigen Montagabend bezeichnet. Die „kirchliche Obhut“, die den schutzsuchenden und um Kirchenasyl bittenden Roma dort angeboten wurde, habe sich als „böse Falle“ erwiesen, kritisierte der Menschenrechtler. Im Pfarrhaus St. Emmeran hatten zwischenzeitlich bis zu 45 Roma Schutz vor drohender Abschiebung Zuflucht gesucht.
Schon vor der Räumung hatte die Kirche nach Angaben des bayerischen Flüchtlingsrates versucht, die letzten 16 noch im Pfarrhaus verbliebenen Flüchtlinge „auszuhungern“, indem sie Nahrungsmittelspenden an sie verhinderte. Das Bistum Regensburg hatte auf diesen Vorwurf unmittelbar vor der Räumung mit einem halben Dementi reagiert. „Die Flüchtlinge bekommen Nahrung, aber nicht im Pfarrheim. Jeder kann heraustreten und sich versorgen“, wurde ein Domsprecher in den Medien zitiert.
„Diese Verlautbarung war zynisch“, kritisierte Zülch. Denn nach Informationen der GfbV wären die fünf von Abschiebung bedrohten Flüchtlinge beim Verlassen des Pfarrhauses sofort verhaftet worden. Die Polizei wartete vor dem Gebäude auf sie, weil gegen sie ein Haftbefehl vorlag und ihre Daten an die Sicherheitskräfte weitergegeben worden waren.
Bei einer mazedonischen Familie, die am Dienstagmorgen um 10 Uhr dem Haftrichter vorgeführt wurde, wollte eine evangelische Kirchengemeinde nach sicherer Kenntnis der GfbV prüfen, ob nicht Kirchenasyl gewährt werden könne. Die Familie hatte es versäumt, Rechtsmittel gegen die Ablehnung ihres Asylantrags einzulegen. Die für eine Prüfung durch die Kirche notwendige Akte des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) traf jedoch wochenlang nicht ein und schließlich war die Familie aus der Obhut der evangelischen Kirchengemeinde weiter in die der katholischen geflüchtet, weil sie sich dort schnellere Hilfe erhofft hatte. Zusätzlich hatte die Familie schriftlich erklärt, freiwillig ausreisen zu wollen. Jetzt befindet sie sich in Abschiebehaft.